HOI News

Wie hat das ASTRA die Sperrung der A13 kommuniziert?

August 27, 2024

Die Autobahn A13 (San-Bernardino-Route) musste zwischen Lostallo und Mesocco im Tessin am 21. Juni 2024 wegen Unwetterschäden gesperrt werden, weil die Fahrbahn auf etwa 200 Metern unterspült und teilweise weggerissen war. Dies ausgerechnet kurz vor den Sommerferien. Der San Bernardino ist als Ausweichroute für den Gotthard besonders wichtig für den Nord-Süd-Ferienverkehr. Bereits am 5. Juli 2024 konnte das Bundesamt für Strassen (ASTRA) nach einer Bauzeit von weniger als zwei Wochen wieder eine Fahrspur pro Richtung für den Verkehr öffnen. Im Herbst sollen alle vier Fahrspuren saniert sein.

 

Wir wollten von Jérôme Jacky, Leiter Information & Kommunikation des ASTRA, wissen, wie er und sein Team mit dieser Situation kommunikativ umgegangen sind.

Jérôme, die komplette Sperrung einer Autobahn kommt in der Schweiz glücklicherweise selten vor. Was war die grösste kommunikative Herausforderung?

Die grösste kommunikative Herausforderung bestand darin, die Öffentlichkeit transparent und schnell über die Sperrung, den Wiederaufbau und alternative Routen zu informieren. In der ersten Phase lag das Hauptinteresse auf der Situation im Misox. Da die A13 eine Schlüsselroute für den gesamten Nord-Süd-Verkehr ist, verlagerte sich der Fokus schnell auf die Verkehrslage auf den Alternativrouten. Es war entscheidend, den Baufortschritt an der A13 und die Lage auf den Alternativrouten parallel zu kommunizieren. Besonders herausfordernd war die anhaltend unsichere Wetterlage. Wir konnten nie sicher sein, ob erneute Unwetter das Misox oder andere Verkehrsachsen, wie den Simplon, beeinträchtigen würden. So führten Erdrutsche eine Woche nach den Ereignissen im Bündnerland zur Sperrung der Simplon-Route und zu Überschwemmungen der Nationalstrassen im Wallis. Auch dies mussten wir kommunikativ abdecken.

 

 

Kannst du uns einen Einblick geben, was in dieser Zeit hinter den Kulissen ablief und wir ihr das kommunikativ begleitet habt?

Direkt nach dem Ereignis begutachtete die Einsatzleitung des ASTRA vor Ort die Schäden und stand in engem Austausch mit dem kantonalen Krisenstab, der in der ersten Phase die Kommunikationsleitung innehatte. Die Einsatzleitung war auch bei allen Medienkonferenzen vor Ort und beantwortete Fragen der Medien direkt. Mit Beginn der Wiederaufbauarbeiten initiierte unser Direktor tägliche Abstimmungssitzungen, an denen alle Beteiligten – von den Bauteams bis hin zu den Verantwortlichen für das Verkehrsmanagement auf der A2 – teilnahmen. Diese Sitzungen dienten als Grundlage für die Inhalte unserer täglichen Update-Medienmitteilungen. Darüber hinaus nutzten wir diese Treffen, um offene Medienanfragen zu besprechen und organisatorische Fragen, wie z. B. Baustellenbesuche, zu klären. Diese enge Zusammenarbeit und der regelmässige Austausch ermöglichten es uns, die Öffentlichkeit stets transparent und zeitnah zu informieren und das Vertrauen in unsere Arbeit zu stärken.

 

 

Hattet ihr dieses Szenario beim ASTRA geübt?

Als Betreiberin der Nationalstrassen müssen wir stets auf solche Szenarien vorbereitet sein. Alle relevanten Stellen werden regelmässig in der Ereignisbewältigung geschult. Regelmässig finden Krisenstabsübungen statt, in denen Abläufe und die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit sowohl theoretisch als auch praktisch trainiert werden. Ebenso wichtig ist es, nach jedem Ereignis sogenannte After-Action-Reviews durchzuführen, um aus den Erfahrungen zu lernen und unsere Prozesse kontinuierlich zu verbessern.

 

 

Was ist dein wichtigstes Learning aus diesem Ereignis?

Ein zentrales Learning war, dass der Abschluss eines Ereignisses fast so intensiv sein kann wie die Phase direkt nach dem Vorfall. Das mediale Interesse an der Wiedereröffnung der Strecke war hoch. Wir mussten in kürzester Zeit zahlreiche Interviews ermöglichen und Anfragen für Live-Berichterstattungen koordinieren. Obwohl die eigentliche Streckenfreigabe keine spektakulären Bilder mehr bot, zeigte sich, wie wichtig es ist, auch auf diesen Moment gut vorbereitet zu sein.

 

 

Welchen zusätzlichen Tipp kannst du für die Krisen- bzw. Ereigniskommunikation geben?

Mein zusätzlicher Tipp für die Ereigniskommunikation ist, auch in intensiven Phasen auf ausreichend Erholung und Pausen zu achten. Kurzfristig können hohe Leistungsanforderungen bewältigt werden, aber bei länger andauernden Ereignissen sind effektive Stellvertretungslösungen unerlässlich. Auch Führungskräfte müssen rechtzeitig für Entlastung sorgen und Verantwortlichkeiten delegieren, um die Leistungsfähigkeit des gesamten Teams aufrechtzuerhalten. Zudem ist eine gute Vorbereitung mit klar definierten Kommunikationsstrukturen entscheidend, um in Krisensituationen effizient und koordiniert agieren zu können.

 

 

Herzlichen Dank für das Interview, Jérôme!

Fotos: © Bundesamt für Strassen ASTRA