HOI News
December 4, 2024
In unserer Serie ABCommunication nehmen wir Branchen-, Mode- und Unwörter unter die Lupe. Was steckt dahinter? Wie sind sie in der Kommunikation zu verwenden und welche Stolpersteine gibt es?
Wenn «Talahons» im Tram miteinander sprechen und in den nächsten zwei Minuten Ausdrücke wie «Schere», «-5000 Aura» oder «Akh» fallen und du kein Wort verstehst, dann weisst du, dass du alt bist. Oder halt einfach nicht mehr zu den Jugendlichen gehörst. Denn gemäss Duden bedeutet das Wort Jugendsprache «Sondersprache der Jugendlichen».
Und als Sondersprache möchten die Jugendlichen sie auch behalten. Sie wollen nicht, dass wir Erwachsenen uns mit ihnen in dieser Sprache unterhalten – das wäre «cringe» (wahrscheinlich ist es auch schon cringe, cringe zu sagen 🙈). Jugendsprache ist damit Ausdruck von Identität und als klare Abgrenzung gedacht.
Als Erwachsene können wir das oft nicht verstehen. Sind wir nicht cool genug, um dazuzugehören? Gerade weil wir nicht dazugehören und die Sprache nicht verstehen, ist unsere Neugier geweckt. Das wissen auch die Medien, schreiben sie doch regelmässig zur neusten Entwicklung der Jugendsprache und den Jugendwörtern des Jahres (ja – wir tun es auch 😜). Mal als Verfall der Sprache deklariert, mal als kreativer Ausdruck.
Und damit sind wir mitten in der Debatte. Durch die unterschiedliche Darstellung in den Medien empfinden wir die Jugendsprache als etwas, worüber wir dringend eine Meinung haben müssen. Hier startet oft der Generationenkonflikt – ältere Menschen empfinden den Verfall der Sprache als beängstigend, mit den ganzen anderssprachigen Einflüssen: Das verhunzt unser Schweizerdeutsch.
Doch sind wir ehrlich: Jede Generation hat und hatte ihre eigene Jugendsprache. Je älter wir werden, desto weiter entfernt sind wir von der eigenen Jugendsprache. Jessis Mami war eine Rebellin, weil sie «lässig» sagte. Dann war alles «cool» oder halt «wayne». Heute wundert sich niemand mehr über diese Begriffe. Sie sind Teil des Alltags geworden oder wieder verschwunden.
Auch mit Jugendsprache entwickelt sich unsere Standardsprache immer weiter. Ob sie vor dem Abgrund steht oder einen Aufschwung erlebt: Wir hüten uns davor, zu urteilen. Aber überall sonst sehen wir Weiterentwicklung als etwas Positives an. Wieso nicht auch bei der Sprache?
Schau nicht ins Internet und kaufe dir auch kein Buch zur neusten Jugendsprache (zumal dieses bei der Publikation höchstwahrscheinlich schon wieder veraltet ist), sondern sprich die Jugendlichen an und lass dir die Ausdrücke erklären. Das hilft übrigens auch, den Generationengraben zu überwinden.